Große Anfrage – Drucksache 20/2443
Heike Hofmann (Weiterstadt) (SPD), Gernot Grumbach (SPD), Knut John (SPD), Heinz Lotz (SPD), Torsten Warnecke (SPD), Kerstin Geis (SPD), Karin Hartmann (SPD), Bijan Kaffenberger (SPD), Gerald Kummer (SPD) und Fraktion
W i r f r a g e n d i e L a n d e s r e g i e r u n g :
I. Zustand des Waldes in der Region vom Darmstädter Kreuz bis zur Ausfahrt Darmstadt-Eberstadt/Pfungstadt
Die Waldstücke beiderseits der Autobahn A 5 vom Darmstädter Kreuz bis zur Ausfahrt Darmstadt-Eberstadt/Pfungstadt erscheinen auf einem etwa 1 Kilometer tiefen Streifen erheblich geschädigt. Nachdem vor etwa zehn Jahren der Eichenbestand in der Region enorm abgenommen hat, wirkt es nun so, dass Buchen und Kiefern eingehen und vertrocknen. Nach vorliegenden Informationen ist der Grundwasserspiegel in der Region seit 1970 von zehn auf bis zu 36 Meter Tiefe gesunken. Der Wald im Einzugsgebiet von bestehenden Wasserfördermaßnahmen scheint dabei ein „signifikant erhöhtes Risiko des Absterbens“ gegenüber vergleichbaren Beständen an Standorten, in denen kein Grundwasser gefördert wird, aufzuweisen. Auch der Wald im Einzugsgebiet des städtischen Wasserwerks Pfungstadt zeigt, dass dort die Bäume, bis zur Grenze des Wasserschutzgebiets, ähnliche Schäden wie die des Westwaldes aufweisen.
1. Wie bewertet die Landesregierung den Zustand des Waldes in der beschriebenen Region?
2. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage, dass das Versterben der Bäume auf fehlendes Sickerwasser von den Ausläufern des Odenwalds zurückgeht, das bei steigender Menge an Wasserförderung zu einem Absinken des Grundwasserspiegels führe?
3. Wie bewertet die Landesregierung die Problematik eines sogenannten Absenkungstrichters im Zusammenhang mit Grundwasserentnahmen und welche Auswirkungen können sich daraus nach Auffassung der Landesregierung auf Waldgebiete ergeben?
4. Sind aus Sicht der Landesregierung kleinere, dezentrale Anlagen gegenüber einer überregionalen Förderung aus Tiefbrunnen vorzugswürdig?
5. Im Falle der Beantwortung von Frage 4 mit „ja“: Wann wird die Landesregierung entsprechende Konzepte für solche dezentralen Wassergewinnungsanlagen vorlegen und umsetzen?
6. Wie bewertet die Landesregierung die bisher bestehenden Handlungsmaßnahmen und Strategien zum Schutz der hessischen Waldgebiete?
7. Welche zusätzlichen Handlungsmaßnahmen beabsichtigt die Landesregierung vorzunehmen?
II. Anpassungs- und Fortschreibungsbedarf für den Grundwasserbewirtschaftungsplan Hessisches Ried Hessen ist derzeit weit davon entfernt, die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Vielmehr bedarf es einer vorsorgenden, nachhaltigen und umweltgerechten Wasserpolitik in Hessen, an der es heute fehlt. So wurde der derzeit gültige Grundwasser-Bewirtschaftungsplan „Hessisches Ried“ im Staatsanzeiger des Landes Hessen vom 24. Mai 1999, Nr. 21, S. 1659 – 1747, veröffentlicht; die Überarbeitung der Tabelle 31 wurde im Staatsanzeiger vom 31. Juli 2006, N r31, S. 1704, veröffentlicht. Der Grundwasserbewirtschaftungsplan ist damit nunmehr 20 Jahre alt und es ist auch im Hinblick auf europäische Rechtsakte fraglich, inwieweit Anpassungsbedarf besteht.
8. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 26. August 2019 (Az. 6 K 1357/13.DA) steht die Grundwasserbewirtschaftung der Wasserwerke Ried Ost und Gernsheim teilweise im Konflikt mit der Natura-2000-Richtlinie. Wie bewertet die Landesregierung das Urteil und welche Konsequenzen leitet sie daraus ab?
9. Welche Rechtsfolgen ergeben sich aus der fehlenden Anpassung des Grundwasserbewirtschaftungsplans an die genannten europäischen Rechtsakte?
10. Wann beabsichtigt die Landesregierung die notwendigen Anpassungen vorzunehmen?
11. Aus welchem Grund sind die nach dem Grundwasserbewirtschaftungsplan vorgeschriebenen Monitoring- und Dokumentationspflichten des Kapitels 11 bislang nicht umgesetzt worden?
a) Ist das zuständige Ministerium hierüber informiert?
b) Welche Entscheidungen wurden dort in diesem Zusammenhang getroffen?
12. Wann wird das Regierungspräsidium die rechtlich vorgesehene Fortschreibung des Grundwasserbewirtschaftungsplans (Stufe II und III) umsetzen? Sollte die Fortschreibung nicht erfolgen, warum nicht?
13. In welchen weiteren Regionen Hessens bestehen Grundwasserbewirtschaftungspläne?
a) Wann wurden diese erlassen?
b) Wurden hier vorgesehene Monitoring- und Dokumentationspflichten eingehalten?
c) Wurden vorgesehene Fortschreibungspflichten erfüllt?
d) Wenn dies nicht der Fall sein sollte, aus welchem Grunde erfolgte diese nicht?
e) War die Landesregierung hierüber informiert?
f) Wenn ja, seit wann?
14. Bis wann sollen die Monitorings- und Dokumentationspflichten umgesetzt und eine Fortschreibung der Grundwasserbewirtschaftungspläne erfolgen?
15. Ist der Landesregierung bekannt, dass das Regierungspräsidium Darmstadt bislang untätig geblieben ist?
a) Wenn ja, seit wann?
b) Beabsichtigt die Landesregierung gegenüber dem Regierungspräsidium rechtsaufsichtlich tätig zu werden?
16. Wie viele Verfahren nach § 98 WHG wurden in den vergangenen 10 Jahren in Hessen durchgeführt? Welche Rechtsfolgen hatten diese Verfahren?
17. Wie bewertet die Landesregierung die Anwendung des § 98 WHG in Hessen?
a) Besteht aus Sicht der Landesregierung ggf. Anpassungsbedarf?
b) Wenn ja, beabsichtigt die Landesregierung eine Änderung des Bundesgesetzes über ein Bundesratsverfahren zu erreichen?
c) Wenn nein, aus welchen Gründen beabsichtigt sie dies nicht?
III. Nachhaltige regionale Wasserversorgung in Hessen gefährdet Die Hessenwasser GmbH & Co KG hat in den Medien bekannt gegeben, dass sie für 80 Projekte 100 Millionen Euro investieren will, um gemeinsam mit dem Land Hessen die regionale Riedwasserversorgung auszubauen und eine dritte Entnahmestraße für Flusswasser aus dem Rhein sowie eine neue Verbundleitung in die Metropolregion Rhein-Main zu bauen. 18. Wie bewertet die Landesregierung die genannten Vorhaben? 19. Wie bewertet die Landesregierung die von Naturschutzverbänden an diesem Vorhaben geäußerte Kritik?
20. Das Regierungspräsidium Darmstadt vertritt (im Gegensatz zu den beiden anderen Regierungspräsidien) die Auffassung, dass alle Wasserrechtsverfahren im Zuge der Grundwasserbewirtschaftung, also bei denen durch Erlaubnis-/Bewilligungsberechtigte Grundwasser entnommen und durch den Wasserverband Hessisches Ried aufbereitetes Flusswasser infiltriert wird, keinen Eingriff i.S.d. § 14 BNatSchG darstellen, weil damit keine Veränderung des Grundwasserspiegels gegeben sei. Wann beabsichtigt die Landesregierung eine einheitliche Auslegung des § 14 BNAtSchG in Hessen herbeizuführen? Welche Rechtsauffassung vertritt die Landesregierung hier?
21. Sieht die Landesregierung bei einem solchem Vorgehen einen Widerspruch zu § 14 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG, denn mit der Grundwasserförderung ist, mindestens im Förderbereich, immer auch eine Veränderung des mit der belebten Natur verbundenen Grundwasserspiegels einhergehend?
22. Welche Parameter sind für die Sicherstellung einer ausreichenden Wasserversorgung im Rhein-Main-Gebiet aus Sicht der Landesregierung von besonderer Wichtigkeit?
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