Zwei Tage als Müllwerker

5.30 Uhr starte ich meine Schicht. Heute darf ich als Müllwerker bei der Firma Weisgerber Umweltservice GmbH Hessisch Lichtenau mithelfen, um zusammen mit den Kollegen Timo und Ben, Biomüll in Reichensachsen einzusammeln. Während Timo das Müllauto fährt, stehe ich mit Ben hinten auf dem Wagen. Schnell bemerke ich, dass die beiden nach so vielen Jahren Berufserfahrung echte Profis in ihrem Job sind, – und dieser Job ist alles andere als leicht. Mir wird bewusst, dass sich kaum jemand Gedanken macht, wie wichtig diese Arbeit für uns alle ist. Fakt ist: Ohne Müllwerker würden wir innerhalb weniger Tage an unserem eigenen Abfall ersticken.

Auf der Fahrt von Hessisch Lichtenau nach Reichensachsen erzählen mir Ben und Timo erstmal die Grundsätze des Müllsammelns, – und sie erklären mir, wie modern die Fahrzeuge tatsächlich sind. Dank eines cleveren Systems am Fahrzeug können Fremdstoffe in der Mülltonne sofort erkannt werden,- und so ist es nicht verwunderlich, dass einige Mülltonnen an diesem Tag ungeleert an der Straße stehenbleiben, weil viele Menschen das Prinzip des Mülltrennens nicht verstehen. „Verantwortungsbewusstes Müll trennen will gelernt sein“, macht Ben deutlich.

Im Laufe der Schicht wird es immer heißer. Die 30 Grad-Marke ist schon vormittags geknackt. Das macht das Ziehen der schweren Tonnen vom Gehweg zum Fahrzeug nicht leichter. „Manchmal hilft es schon, wenn die Leute die Tonnen mit dem Griff zur Straße stellen. Das erspart uns jede Menge Arbeit“, sagt Ben. Manche Tonnen sind richtig schwer, man braucht viel Kraft, um sie zum Fahrzeug zu bringen.

Auch die beißenden Gerüche machen die Arbeit nicht angenehmer.

Gegen 14.30 Uhr fahren wir nach Lohfelden zum Abladen. Dort wird der Müll zunächst vergoren bzw. fermentiert, wobei Biogas entsteht. Anschließend werden die Reststoffe heraussortiert. Dabei müssen ca. 50% des Biomülls verbrannt werden, weil dieser zu viele Fremdstoffe enthält.

„Weißt du, manchmal wünschen wir uns, dass die Kunden uns mit mehr Freundlichkeit begegnen. Das wäre schon viel wert“, sagt Timo, der genau wie sein Kollege Ben 42 Stunden in der Woche mit dem Müllauto im Werra-Meißner-Kreis unterwegs ist.

Am zweiten Arbeitstag fahre ich gemeinsam mit den Kollegen Alexander und Stefan vom Baubetriebshof Eschwege den Restmüll in den Stadtteilen Oberhone, Niederhone, Eltmannshausen, Niddawitzhausen und Albungen ab. Anschließend erfolgt die Papier-Vortour innerhalb der Stadt Eschwege.
Auch wenn es heute nicht ganz so heiß ist, ist die Arbeit keineswegs leichter. Die Restmülltonnen sind ebenfalls schwer und oft auch geruchsintensiv.

Um die Luftwerte hinter und innerhalb des Müllwagens zu messen, die von allen Müllwerkern eingeatmet werden, ist heute ein  Messteam dabei. Dieses ermittelt und vergleicht die Luftwerte mit und ohne Einsatz der Absauganlage, die in diesem Fahrzeug getestet wird. Ich bin gespannt, welche Werte dabei herauskommen und welche bzw. ob Folgemaßnahmen ergriffen werden müssen.

Alexander und Stefan, die ihre Arbeit gerne machen, wünschen sich, genau wie ihre Kollegen aus Hessisch Lichtenau, aber mehr Anerkennung für ihre Arbeit. „Weißt du, manchmal wünschen wir uns, dass die Kunden uns mit mehr Freundlichkeit begegnen. Das wäre schon viel wert,“ so Stefan.

Ebenso erfahre ich bei meinem Einsatz, dass nicht alle Müllwerker tariflich bezahlt werden. Deshalb werde ich mich gemeinsam mit Gewerkschaften für eine bessere Bezahlung einsetzen. Selbst diejenigen Kollegen, die nach unterem Tarifniveau bezahlt werden, brauchen eine bessere Entlohnung für ihre schwere, systemrelevante Arbeit

Allen Müllwerkern, den sog. ‘Männern in orange‘ gilt mein Respekt! Die von ihnen geleistete Arbeit ist ganz wichtig! Gerne bin ich bereit, im Rahmen meiner nächsten Sommertour meine Hilfe anzubieten und erneut auf dem Müllwagen mitzuarbeiten.

Ich bedanke mich bei Allen, die mir diesen Einblick in ein so wichtiges aber unbeachtetes Berufsbild ermöglicht haben.

Glück auf.